Meine Sternstunde mit einer Ikone
Es gibt Momente in der Arbeit und im Leben, die sind bedeutsam. Da spürt man, dass man gerade mit etwas Größerem in Berührung kommt. So war es bei mir 2020: Ich traf Siegmund Jähn, den 1. Deutschen im All.
Eine kleine Geste für ihn, eine große Geste für mich
Schauplatz ist die AeroBerlin 2019, im Russischen Haus. Der große Saal.
Nur wenige Treppenstufen trennen mich noch von einem Mann, der Geschichte geschrieben hat.
Dann stehe ich endlich vor ihm – vor Siegmund Jähn, Weltall-Veteran und unermüdlicher Raumfahrt-Botschafter. Seit seiner Reise in der Sojus 31 zur Weltraum-Station Saljut 6 im Jahr 1978 galt der Kosmonaut Jähn aus dem sächsischen Morgenröthe-Rautenkranz als nationaler Held der DDR.
Der Mann, der da vor mir sitzt, ist freilich alles andere als eine unnahbare Heldenfigur. Bescheiden ist er, fragt mit gedämpfter Stimme bei seinem Sohn nach, schreibt geduldig für seine vielen Fans Autogramm um Autogramm. Er, der mittlerweile nur noch wenige öffentliche Termine wahrnimmt.
Und so empfinde ich es als ein besonderes Glück, dass er heute hier ist. Auch meine beiden Bücher signiert. Erlaubt, dass ich ein Foto von ihm mache, während er sie unterschreibt. Diese für mich besonders bedeutsamen Bücher. Es sind zwei Exemplare meiner Übersetzung des Handbuchs zur Raketenpost und kosmischen Post, die ich für den österreichischen Autor Walter Hopferwieser anfertigen durfte
Darin geht es um einen besonders spannenden Bereich der Astrophilatelie: Briefe und Karten, die von der Erde aus ins All geflogen und in der Weltraum-Station unterschrieben und abgestempelt werden. Nach ihrem Rücktransport zu Erde erzielen diese zahlenmäßig begrenzten Belege bei Sammlern und Sammlerinnen regelmäßig gute Preise.
Viele dieser Sammel-Begeisterten Siegmund Jähn jetzt. Ihn, den ehemaligen Forschungskommandanten, der doch eigentlich Buchdrucker gelernt hatte. Zusammen mit seinem viel jüngeren Kollegen Oleg Artemjew vorne auf dem Podium gibt der 82-Jährige sein Bestes, um auch die letzte Autogramm-Karte, das letzte Foto zu signieren.
Er wird sie alle schaffen an diesem Tag. In seiner eigenen, ganz leisen Art. In der Art, die ihn einmal hat sagen lassen: „Ob die Zukunft der Erde in den Sternen liegt, weiß man nicht. Ich weiß es jedenfalls nicht. (…) Aber ich weiß, dass es auch auf der Erde sehr schön ist.“
Nur wenige Monate nach diesem Termin stirbt Siegmund Jähn, den die Faszination für die Raumfahrt nie losgelassen hat. Im brandenburgischen Strausberg. Am 21. September 2019.
Es war mir eine Ehre, ihn kurz kennenlernt und einen ganz besonderen Moment erlebt zu haben.
DANKE!
Leben und Vermächtnis des 1. Deutschen im All beleuchtet die Deutsche Raumfahrtausstellung in Jähns Heimatstadt Morgenröthe-Rautenkranz.
Und als eine der zahlreichen (Grund)Schulen, die nach ihm benannt wurden, verlinke ich hier zu derjenigen in Fürstenwalde. Dort hat man zum 80. Geburtstag Siegmund Jähns eine besonders persönliche Collage zusammengestellt.